Die Übernahme einer bestehenden Arztpraxis ist ein komplexer Prozess, der sowohl betriebswirtschaftliche, rechtliche, steuerliche als auch organisatorische Aspekte umfasst. Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte aufgeführt, die bei einer Praxisübernahme berücksichtigt werden müssen:
1. Strategische Planung und Vorbereitung
- Zieldefinition: Warum soll die Praxis übernommen werden? Langfristige Pläne für die Praxis.
- Standortwahl: Passt die Praxis geografisch und patientenstrukturell zur eigenen Strategie?
- Wettbewerbsanalyse: Gibt es in der Region Konkurrenz oder Synergieeffekte mit anderen Praxen?
2. Wirtschaftliche und finanzielle Aspekte
- Praxisbewertung:
- Substanzwert (Einrichtung, Medizintechnik, IT-Systeme)
- Ertragswert (bisherige und zukünftige Einnahmen, Gewinnprognose)
- Goodwill (Patientenstamm, Reputation, Lage)
- Kaufpreisverhandlung: Basierend auf der Bewertung, ggf. unter Einbindung von Gutachtern.
- Finanzierung:
- Eigenkapital vs. Fremdkapital (Kredite, Fördermittel, Bürgschaften)
- Bankgespräche, Finanzierungszusage
- Liquiditätsplanung: Übergangsphase finanziell absichern.
3. Rechtliche Aspekte
- Praxisübernahmevertrag:
- Kaufgegenstand (Inventar, Patientenstamm, Verträge)
- Haftungsfragen (Altverbindlichkeiten, Gewährleistungen)
- Wettbewerbsverbote für den Verkäufer
- Gesellschaftsrecht: Übernahme als Einzelpraxis oder in Kooperation (MVZ, BAG, Praxisgemeinschaft)?
- Arbeitsrecht: Übernahme von Mitarbeitern, Arbeitsverträge prüfen (Kündigungsfristen, Gehälter, Sozialleistungen).
- Mietvertrag:
- Ist eine Fortführung möglich oder muss ein neuer Mietvertrag verhandelt werden?
- Kündigungsfristen und Anpassungen des Mietzinses.
- Genehmigungen & Zulassungen:
- Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung (KV)
- Berufsrechtliche Anforderungen prüfen
- Datenschutz & IT: DSGVO-konforme Übernahme von Patientendaten.
4. Steuerliche Aspekte
- Steuerliche Bewertung des Kaufpreises: Aufteilung in Anlagevermögen, Goodwill, Vorräte.
- Umsatzsteuer: Ist die Übertragung als Geschäftsveräußerung im Ganzen steuerfrei?
- Einkommensteuer: Abschreibungen auf den Kaufpreis.
- Betriebsprüfung: Bestehende steuerliche Risiken analysieren.
5. Medizinische Aspekte
- Patientenstamm:
- Analyse der Altersstruktur und Krankheitsbilder.
- Patientenkommunikation zur Übernahme.
- Leistungsspektrum:
- Anpassungen notwendig?
- Abrechnungsmöglichkeiten (GKV/PKV)?
- Qualitätsmanagement: Bestehende Zertifizierungen oder Anpassungsbedarf?
6. Übergangsphase und Integration
- Kooperation mit dem Vorbesitzer: Übergangsregelungen, gemeinsame Sprechstunden zur Patientenbindung.
- Marketing & Öffentlichkeitsarbeit: Praxisübernahme kommunizieren (Website, Social Media, Presse).
- Personalmanagement: Teamführung, neue Strukturen etablieren.
- Technische Anpassungen: Digitalisierung, IT-Umstellungen, Softwarewechsel.
Eine sorgfältige Due Diligence sowie professionelle Beratung durch Fachanwälte, Steuerberater und Banken ist essenziell, um Risiken zu minimieren und einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.